Textatelier
BLOG vom: 04.12.2005

US-Tourismus-Exzesse: CIA-Flüge zu Foltergefängnissen

Autor: Walter Hess
 
Lügen im Interesse der Terrorbekämpfung: Laut dem Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush, Stephen Hadley, vom Sonntag, 4. Dezember 2005 im Bush-Propagandasender „Fox News“ wird US-Aussenministerin Condoleezza Rice die CIA-Geheimflüge zu Foltergefängnissen in anderen Ländern (in Osteuropa) abstreiten. „Seht, wir sind alle vom Terror bedroht, wir müssen zusammenarbeiten“, tönte es aus dem Sprachrohr Hadley. Die USA würden dabei ihre eigenen Gesetze einhalten und die Souveränität der kooperativen Staaten achten ... Die eigenen Gesetze sind durch den Patriot Act zwar gerade ausser Kraft gesetzt; die Menschenrechtsgarantien, wie sie in der US-Verfassung enthalten sind, entfalten keine Wirkung mehr. Der totale Überwachungsstaat ist eingerichtet (in Form des neuen Department of Homeland Security, was heimelig tönt). Und um die Souveränität anderer Länder haben sich die USA noch nie gekümmert, wenn ich mich richtig erinnere.
 
Vermutlich war die US-Airbase auf dem Frankfurter Flughafen die Drehscheibe für den menschenrechtswidrigen, illegalen Transport Gefangener zu Foltergefängnissen. Laut der deutschen Bundesregierung gab es mehr als 400 Flüge mit unbekanntem Zweck – der „Spiegel“ wies auf eine Liste von 437 geheimen CIA-Flügen hin, mit denen durch die CIA verschleppte Terrorverdächtige entführt und in Lager verbracht worden sein könnten.
 
Vom Unwesen, das die USA international treiben, ist wahrscheinlich auch die (hoffentlich noch immer) neutrale Schweiz erfasst worden: Der grüne Zürcher Nationalrat Daniel Vischer, Präsident der Rechtskommission, verlangt mit einer Interpellation vom Bundesrat Auskunft über 3 verdächtige Zwischenlandungen von US-Flugzeugen in Genf. Vischer wundert sich namentlich über Landerechte für private Flugzeuge, die offensichtlich militärischen oder geheimdienstlichen Zwecken dienen (Quelle: „Tages-Anzeiger“ vom 3. 12. 2005). Im September 2005 hatte der Bundesrat noch beteuert, keine Kenntnis von rechtswidrigen Flügen zu haben. Wer da zustimmt und zusammenarbeitet, macht sich mitschuldig.
 
Über die Folterungen als völkerrechtswidrige Schandtaten spricht schon niemand mehr, zu sehr hat man sich an diese mittelalterlichen US-Praktiken gewöhnt. Auch der Einsatz von Napalm und weissem Phosphor beim Kampf um Falludjah im Irak-Krieg ist ebenso bestätigt wie der Einsatz von Splitterbomben in anderen irakischen Gebieten. Das Foto von einem brennenden Mädchen nach einem Napalm-Einsatz hat seinerzeit die unmotivierte Zerstörung Vietnams durch die USA beendet. Napalm wird übrigens auch von Russland im Tschetschenien-Krieg eingesetzt (Quelle: „Zeit-Fragen“, 21. 11. 2005). Im Rahmen der neokonservativen Philosophie wird das auch nicht mehr bestritten, weil es ja offensichtlich ist. Was die betenden Guten tun, muss doch erlaubt sein.
 
Nur rund um Geheimflüge wird noch Geheimniskrämerei betrieben. Die USA setzen wieder einmal auf Lügen und Solidarität vonseiten der Mitläufer. Wer nur noch mit Lügen über die Runden kommt, hat den Krieg schon deswegen verloren. An diesem Punkt wäre es wieder erwünscht, dass der internationale Rudeljournalismus (den treffenden Ausdruck habe ich in der „NZZ“ vom 3. 12. 2005 in einem Anfall von Selbstkritik gefunden) für einmal nicht den US-ergebenen Leitmedien, sondern dem journalistischen Gewissen folgen würde. Meine Hoffnung, dass dies geschehen könnte, hält sich in dieser Welt, welche die Grenzen abzuschaffen im Begriffe ist, allerdings in ganz engen Grenzen.
 
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